Geschichte der Strategie in der Wirtschaft
Unternehmen und Armeen benötigen Strategien zur
Durchsetzung ihrer Ziele beziehungsweise finanziellen oder militärischen
Profits. Sie dient demgemäß zur Erreichung ziel- und zweckgerichteten
Arbeitens, Optimierung effektiver und effizienter Ressourcenverteilung und
Koordination einzelner Entscheidungsströme. Militär- und die Geschäftsstrategie
ähneln sich also in Konzepten und Prinzipien. Eine festgesetzte Strategie ist
bei beiden insofern nur sehr schwer zu korrigieren, als Inkonsequenz in der
Durchführung oftmals fatale Folge nach sich ziehen. Strenge der Offensiv- und Defensivstrategien
und Unbedingtheit einer einmal getroffenen Entscheidung sind daher in einem
Unternehmen wie auch der Armee gleichermaßen erforderlich. Geschäft- und
Militärwelt unterscheiden beide zwischen Strategie und Taktik: Strategie gilt als Gesamtplan für die
Erlangung eines langfristigen Zieles; Taktik ist ein kurzfristigerer Entwurf
für eine spezielle Handlung im Rahmen des gewählten strategischen Gesamtplanes.
Der Autor von Contemporary Strategy Analysis,
R.M. Grant, verweist aber auch auf einen wichtigen Unterschied: Gegner im
Geschäftsleben zielen nicht darauf ab, sich gegenseitig zu vernichten. Als
nichtmilitärisches Strategieziel wird daher die Koexistenz mehrerer Firmen im
Wettbewerb betrachtet.
«„Betrachtet man die Geschichte der Strategie in der Unternehmensführung als Ganzes, erkennt man ihre Reifung zu einem Prozess, einer Funktion und als akademische Disziplin.“ »
R.W. Oliver
Bezogen auf den wirtschaftlichen Kontext veröffentlichten
John von Neumann und Oskar Morgenstern im Jahr 1944 Theory of Games,
als erstes konkretes Werk über Strategie-Theorien. In den 50er und 60er Jahren
erfuhren immer mehr Firmenleiter wie kompliziert und komplex die Leitung eines
durch prosperierende Wirtschaft stetig wachsendes Unternehmen werden kann:
Die Koordination einer Vielfalt von Entscheidungen und
gleichzeitig einen Überblick über alle Vorgänge der Firma zu behalten, wurde
zunehmend als eine Herausforderung betrachtet. Man begann daher Budgetierungs-
und Finanzabläufe in Übersichten zusammenzufassen. Wenn auch nur auf kurze
Sicht kalkuliert, war dies der erste Schritt zur Unternehmenskontrolle mittels
Planung. Strategie als solches war zu dieser Zeit aufgrund der vorherrschenden
Marktbedingungen nicht notwendig, da nach dem Zweite Weltkrieg die Nachfrage
sehr hoch war und das Hauptmerkmal der Industrie auf dem Bereich der Produktion
lag. Die Wirtschaft konzentrierte sich darauf, ausreichend Waren zu Produzieren
und Preise an die Produktionskosten und Löhne der Mitarbeiter anzupassen.
In den 60ern wagte sich das Management erstmals, aufgrund
des stabilen Wirtschaftsaufschwungs, längerfristig zu planen. Man bezog das
„Corporate Planning“ ein und tätigte Langzeitinvestitionen z.B. auf dem Technologiemarkt.
In dieser Zeit war das Planungsinstrument der Wirtschaft der Fünf-Jahres-Plan,
der Ziele, Trends, Kostenstrukturen und andere Faktoren berücksichtigte. Alfred
Chandler, einer der bedeutendsten Wirtschaftshistoriker mit dem
Forschungsschwerpunkt Business History,
erklärte in seinem Buch Strategy and Structure
von 1962, dass die Struktur der Strategie zu folgen hat und letztere als eigene
Geschäftsfunktion neben den anderen Berechtigung hat. Kenneth Andrews, Harvard
Business School Professor und Vater der „Corporate Strategy“, betonte in seinem
Buch Concept of Corporate Strategy
von 1965 erstmals die Notwendigkeit, sich auf die Grundlage der eigenen Stärken
und Schwächen zu konzentrieren und die internationalen Märkte zu analysieren. Ebenfalls
in den 60ern postulierte Igor Ansoff, damaliger Geschäftsführer von Lockheed
Electronics, dass jeder Manager mit eindeutigen strategischen Entscheidungen
konfrontiert wird. Bruce Henderson, Gründer der Boston Consulting Group
formulierte das Prinzip der Erfahrungskurve und erfand die Portfolio-Matrix.
Mittels dieser ließen sich generische Investitionsstrategien für Produkte in
einem bestimmten Produktzyklus ableiten. 1963 veröffentlichte ein Marktforschungsinstitut,
dass die Mehrheit der großen US-Firmen eigene Planungsabteilungen eingerichtet
hätten, und bezeichneten dies als Trend. Die neue Erkenntnis war, dass Strategie
eindeutiger Entscheidungen bedurfte und geleitet werden konnte.
Die 70er Jahre waren gekennzeichnet von Unsicherheit
hervorgerufen durch die Ölkrise, zunehmenden globalen Wettbewerb sowie einer
Organisation der Konsumenten zur besseren Wahrnehmung ihrer Rechte. Eine
Veröffentlichung des Club of Rome über die Endlichkeit der Fossilen Ressourcen
ließ ferner zum ersten Mal den Gedanken des Umweltschutzes aufkommen. Die
Unternehmen in den USA steckten zusätzlich durch Proteste wegen Vietnam und
Watergate in der Krise. Die Unternehmen der westlichen Welt verzeichneten
insgesamt eine negative wirtschaftliche Entwicklung. Auf dem asiatischen Kontinent
hingegen konzentrierten sich in dieser Zeit japanische Unternehmen auf Qualität
im Bereich der Elektronik und des Automobils und konnten so dort kräftig an
Marktanteil zulegen. Aufgrund der Umstände und Änderungen in der
Wirtschaftspolitik waren die westlichen Unternehmer gezwungen, schneller und
flexibler auf die neue, instabile Wirtschaftslage zu reagieren. Der Wechsel in
der Wirtschaftspolitik vom keynesianischen zum neoliberalistischen Paradigmas
hatte ein Zurückdrängen des Staates zur Folge. Die entstandene Lücke füllte der
Aufschwung der Börse und es entstand die Idee des „shareholder value“. Aus der
Notwendigkeit kurzfristig Erfolge vorzuweisen folgten Zusammenschlüsse und
Übernahmen von Konzernen sowie eine immer kurzfristigere Planung und damit
verbundenen schnell wechselnden Zielvorgaben. Gleichzeitig sollte das Firmenziel
keinesfalls aus den Augen verloren werden. Es kam also darauf an, langfristig
und kontinuierlich an der Erfüllung einer Aufgabe zu arbeiten und trotzdem
kurzfristig flexibel sein zu können, um mit aktuellen, marktspezifische
Entscheidungen reagieren zu können. An dieser Stelle wurde das bisherige
„corporate planning“ von dem „strategic management“ abgelöst. Das Management
sollte dabei einer Durchsetzung der Strategie dienen. Dies war auch der
Zeitpunkt des Aufstiegs unabhängiger Strategieberater. Der bisher eher lineare
Strategieprozess wurde wesentlich flexibler und wuchs sowohl geografisch, da
die Anforderungen globaler wurden, als auch in den Konzernen selbst mit immer
zunehmender Bedeutung. Die strategische Planung wurde dimensionaler und
abhängig von verlässlichen Informationen und Instrumenten, wie zum Beispiel
aufkommender Computertechnik. Ebenso stieg die Nachfrage nach strategischen
Tools und zuverlässigen Werkzeugen zur Analyse.
In den 80er Jahren rückte der Wettbewerb immer mehr in den
Mittelpunkt des Marktgeschehens. Die einzelnen Unternehmen konzentrierten sich
auf Konkurrenzfähigkeit und die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen.
Marktforschung und Trendanalysen wurden in dieser Zeit verstärkt betrieben. Es
waren Michael Porters Bücher Competitive Strategy von 1980 und Competitive
Advantage aus dem Jahre 1985, die die Unternehmensstrategie als solches
formten und ihr die Stellung einer Managementfunktion gab, gleichgestellt mit
anderen Unternehmensbereichen.
In den späten 80ern und frühen 90ern wandelte sich die
externe Marktanalyse zur unternehmensinternen Strukturanalyse. Von der Suche
nach Kompetenzen und Kapazitäten im Betrieb versprach man sich die entscheidenden
Wettbewerbsvorteile. Henry Mintzberg, Professor für Management und Wegbereiter
der Strategielehre, war als erster der Meinung, dass sich die Märkte zu schnell
verändern, um mit veralteten Analysemethoden gemessen zu werden.
Grund dafür waren vor allem die schnell wachsenden Möglichkeiten der
Technologie und das Aufkommen des Internet. Seine entwickelten Modelle, die
zehn Strategie-Schulen, trugen diesem Umstand Rechnung. Weitere neue Ansätze
auf dem Markt waren ERP (Enterprise Ressource Planning), CRM (Customer Relationship
Management) und SCM (Supply Chain Management). Diese Systeme waren alle stark
technikabhängig und führten dazu, dass sich der Fokus der Strategie darauf
bezog, diese Systeme intern und extern zu unterstützen.
Mitte
bis Ende der 90er entwickelte sich die Strategie, ausgehend von einem wissenschaftlichen
Teilbereich, zu einem eigenen akademischen Schwerpunktbereich innerhalb der
Betriebswirtschaftslehre entwickelt. Unternehmen änderten damals ihre Organisationsformen,
so dass Kooperationen mit anderen Firmen erleichtert wurden. Die Strategielehre
kreierte in dieser Zeit einen eigenen Geschäftsbereich, nämlich den der Unternehmensberater
wie Accenture, Bain, Boston Consulting Group, Cap Gemini, McKinsey, die
zeitweise die Hauptzahl der Absolventen, mit einem Abschluss als Master of Business
Administration, einstellten. Weiterhin wurde der Bereich Strategie als eine
eigene Disziplin und Funktion in den Unternehmen betrachtet. „Betrachtet man die Geschichte der Strategie
in der Unternehmensführung als Ganzes, erkennt man ihre Reifung zu einem
Prozess, einer Funktion und als akademische Disziplin“.
Während
die Strategie als militärisches Mittel bereits lange bekannt und dokumentiert
war, waren viele Werke der Strategie im Geschäftsleben weniger bekannt und
waren umstritten. John Kay beschreibt in seinem Buch Foundations of
Corporate Success
am Beispiel der Firma General Electric, wie sich die Strategie im Laufe der
Jahre entwickelt hat. Die Strategie hat sich von der bloßen Planung des Unternehmens
über Diversifikation und Portfolio Strategien hin zu einer Konzentration auf
Kernkompetenzen entwickelt. Ebenso ist das Management weniger analytisch und
mehr menschenorientiert geworden. Denn längst sind nicht mehr nur die
finanziellen Kennzahlen ausschlaggebend, sondern vielmehr auch das Wissen und
die Fähigkeiten der Mitarbeiter.
Die folgende Abbildung fasst die gesamte historische
Entwicklung tabellarisch zusammen. Sie gliedert sich nach den Kriterien
Managementhandlungen, Organisation und Wettbewerb sowie den beherrschenden
Themen, Hauptvertretern, Firmenphilosophie, strategische Tools und der
industriellen Konfiguration. Interessant sind hier die Felder „Firm Theory“ und
„Strategic Tools“, welche die rasante Entwicklung ab 1950 gut zusammenfassen.
Business
Strategy Evolves
|
Year/Focus
|
1950
|
1960
|
1970
|
1980
|
1990
|
Management
Action
|
Command
and Control
|
Command
and Control
|
Shareholder
Participation
|
Quality
|
Competitiveness
|
Organization
Metaphor
|
Mechanic
|
Mechanic
|
Networked
|
Networked
|
Networked
|
Competition
|
National
|
National
|
Global
|
Global
|
Global
|
Dominant
Theme
|
Marketing
|
Structure;
Experience; Growth;Strategic Planning Choice
|
Competitiveness
|
Value
Chain; Global Quality
|
Enhancing
Core Process
|
Leading Advocates
|
Micro
economists
|
Chandler, Andrews, Henderson,
Ansoff
|
Professional Strategy Firms
|
Porter, Drucker
|
Mintzberg,
Hamel
|
Firm
Theory
|
Industry
Captive
|
Rational
Choice
|
Internal
Transaction of Stakeholders
|
Globalization
|
Co-opetition
|
Strategic
Tools
|
-
|
SWOT;
Experience Curve; Growth Share Matrix
|
Value
Chain
|
SPC,
TQM
|
Core
Competency; Value System; Game Theory
|
Industry
Configuration
|
Vertical
|
Vertical
|
Horizontal
|
Horizontal
|
Horizontal
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„Vier G dürfen einem Feldherrn nicht fehlen: Geld, Geduld, Genie und Glück.“
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